50 Jahre Beatles-Heute Mit Paul und John auf Du und Du-Im Interview Klaus Voormann



Er war einer der ersten Deutschen, der die Beatles kennenlernte: Der Grafiker und Musiker Klaus Voormann lebte in den sechziger Jahren in Hamburg und half ihnen in der fremden Stadt. 1966 zeichnete er das Cover des "Revolver"-Albums. Seine Freundschaft mit McCartney, Starr und Yoko Ono hält bis heute.

Jeder Mensch hat irgendwann seine Begegnung mit der Geschichte. Den Augenblick, wo das große Ganze und das kleine Persönliche sich treffen. Für Klaus Voormann war es ein Abend im Herbst 1960, im Kaiserkeller, einem kleinen Club auf der Großen Freiheit in Hamburg-St.-Pauli. Da sah er zum ersten Mal die Beatles.



Es war ein Rockerladen, und die Beatles in ihren schwarzen Lederklamotten sahen aus wie die harten Kerle vor der Bühne. Damals waren sie noch zu fünft - John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Stuart Suttcliffe, Pete Best. "Das war roher Rock'n'Roll", sagt Voormann heute. "Ich war begeistert." Voormann war damals Kunststudent und Grafiker. Er kam wieder, brachte seine Freunde mit, Studenten wie er, und traute sich schließlich, Lennon anzusprechen. Er wurde einer der ersten Deutschen, die die Beatles kennenlernen. Eine lebenslange Freundschaft begann.



Voormann lebt heute, zusammen mit seiner Familie, in einem Dorf in der Nähe des Starnberger Sees in Bayern. Er ist 72 Jahre alt, was man ihm nicht ansieht, Pop hält jung. Die Begegnung mit den Beatles veränderte sein Leben. Er zog später nach London, wurde Musiker, hatte Hits mit Manfred Mann, produzierte in den Achtzigern die deutsche Band Trio. Und spielte regelmäßig auf den Soloplatten von John, George und Ringo. Er ist ein freundlicher, ruhiger Mann. "A Sideman's Journey" hat er die Platte genannt, für die er anlässlich seines 70. Geburtstags noch einmal die Musiker zusammenholte, mit denen er im Laufe der Jahre zusammengearbeitet hat.



Wenn man mit ihm spricht, weiß man sofort, warum so viele Superstars ihm immer wieder vertrauen: Er strahlt eine sichere Ruhe aus, die den großen Egos den Raum garantiert, den sie zur Entfaltung brauchen. Es hat sich bis heute nicht viel geändert. Im Februar stand Voormann zusammen mit Yoko Ono und Eric Clapton in New York auf der Bühne, anlässlich Yokos Geburtstag und der damit verbundenen Plastic Ono Band Reunion.



Es ist heutzutage schwer vorstellbar, wie fremd man sich als Engländer in Deutschland fühlen konnte, wo Europa zusammenwächst und die Billigflieger einen in jede Stadt bringen können, wo man immer zu Hause anrufen kann. Als die Beatles damals aus Liverpool nach Hamburg kamen, sprachen die wenigsten Deutschen Englisch und kaum ein Engländer Deutsch. Der Weltkrieg war knapp 15 Jahre vorbei, Liverpool war schwer von den Deutschen bombardiert worden, Hamburg von britischen Bombern zerstört.



In dem aufwendigen Bildband "Hamburg Days" hat Voormann seine Erinnerungen an die Hamburger Zeit der Beatles aufgezeichnet, das kleine Hinterzimmer in einem Kino, wo John und Paul schliefen, die Bars, in denen sie spielten, die paar Besucher, die spät in der Nacht immer noch da waren und zuschauten. Auf einem Bild sieht man Paul, wie er von außen in ein Café hineinschaut. Da hätten immer Kriegsversehrte gesessen, erzählt Voormann. Paul habe sich nicht reingetraut, sagt er, weil er Angst hatte, sie könnten ihm übelnehmen, dass er Brite war. Später sollte John einmal sagen: "In Liverpool sind wir geboren, in Hamburg wurden wir erwachsen."



Hamburg war die erste Station der langen Reise der Beatles. Sie wohnten zusammen, sie spielten zusammen, sie nahmen Drogen zusammen. In Hamburg wuchsen sie zu einer richtigen und professionellen Band zusammen, und aus jedem einzelnen Mitglied wurde ein echter Beatle.



Voormann und seine Freunde halfen dabei. Pop lebt von Missverständnissen, von kulturellen Übersetzungsfehlern, von produktiven Projektionen. So war es auch hier: Die deutschen Kunsthochschüler sahen die Briten als die Arbeiterklassenrebellen, als die sie sich stilisierten. Die Engländer, insbesondere John Lennon, wiederum hätten sich zu Hause wahrscheinlich niemals mit Bürgerkindern wie Astrid Kirchherr oder Voormann eingelassen. Dass sie es taten, hatte allerdings erstaunliche Folgen. Die Fotos, die Astrid Kirchherr von ihnen machte, sollten stilprägend für die ganze Rockmusik werden. Noch nie vorher war proletarische Leder-Attitude und Kunstfotografie diese Mischung eingegangen, die Kirchherrs Fotos der Beatles präsentierte.



Voormann und die Band blieben befreundet. Kurz vor dem Ausbruch der Beatlemania machten sie im Sommer 1963 im Haus von Voormanns Eltern auf Teneriffa Urlaub - das letzte Mal, dass sie ungestört in einem Straßencafé sitzen konnten. Stuart Sutcliffe war zu diesem Zeitpunkt schon gestorben, und Ringo Starr hatte Pete Best am Schlagzeug ersetzt. 1966 half Voormann der Band, der Beatlemania zu entkommen, er zeichnete das Cover für das Album "Revolver", mit dem die Band sich den Einflüssen des Swinging London öffnete.



Er erinnert sich noch genau, wie er die Musik von "Revolver" zum ersten Mal hörte. "Ich dachte, ich spinne. Solche Musik, zu der Zeit, und es war Popmusik! Es war überwältigend. Das hatte ich nicht erwartet." Als er einige Wochen später der Band seinen Coverentwurf präsentiert, herrscht erst Totenstille. Dann begann Brian Epstein zu weinen, erzählt Voormann. "Als er sich fing, sagte er: Das Cover ist die Brücke, die wir brauchen." Bis zu "Revolver" hatten die Cover der Beatles aus Porträtfotos bestanden. Voormann macht aus dem Cover ein Suchbild, collagierte Fotos und Zeichnungen zusammen.

1969 schließlich war er bei dem sagenumwobenen ersten Auftritt der Plastic Ono Band in Kanada dabei, zusammen mit Eric Clapton.

Es gibt einen inneren Kreis, der sich um die Beatles bewegt, auch 50 Jahre nach ihrer Gründung noch. Manager, Toningenieure, Musiker. Sie leben über die Welt verstreut, und wenn man sie trifft, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man im Kraftfeld der Beatles am Besten lebt, wenn man sich seine Unabhängigkeit zu bewahren gelernt hat.

Voormann ist so jemand. Nein, sagt er, er habe nicht das Gefühl, dass Paul McCartney ein Künstlerfürst sei. "Aber du verhältst dich anders, wenn du Bodyguards hast. Du hast andere Getränke auf dem Hotelzimmer. Ich habe meine Freunde, er hat seine. Wenn wir zusammen sind, dann ist das toll. Einerseits ist alles noch wie früher. Wir kommen gut miteinander aus. Andererseits haben wir sehr unterschiedliche Leben."

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