Interview mit dem Beat der Beatles -Von Albert Kuhn


Kann Gelassenheit gute Musik erzeugen? Ja, beweist Ringo Starr. Und gibt im Gespräch noch ein paar Müsterchen seiner Heiterkeit.



Als Frau möchte man Babsi Bach sein. Weil: Die hat echt den Traummann. Er ist lustig, kinderfreund-lich, nicht zu kompliziert, Lebenskünstler, Schlagzeuger und treu. Also wiederholt treu. Und weil jeder Mann einen krassen Nachteil hat, muss er wohl krank sein oder bettelarm? Aber nicht mal das trifft hier zu.Ringo Starr, dem erstgeborenen Beatle, das wird hier ohne Zögern behauptet, haben wir das letzte Drittel oder sogar die gesamte zweite Hälfte des Beatles-Oeuvre zu verdanken.
Nicht weil er viele Songs schrieb, sondern weil er die Band zusammenhielt. Es hätte vor 1967 eine John Lennon Group und ein Paul McCartney Ensemble gegeben, hätte Ringo die Streithähne nicht mit Scherzen unterhalten oder im richtigen Moment gesagt: «Jungs, Zeit für ein Guinness, wir könnenmorgen weiterschimpfen.»Immerhin hat er «Octopus’s Garden» allein geschrieben, 1967 auf dem Boot von Peter Sellers, als Ringo eine Woche lang Beatles-frei nahm, weil ihm das Gezicke in der Band auf den Keks ging. Mit Lennon-Telegrammen und Harrison-Blumen haben sie ihren Drummer wieder in die Band zurückgebettelt! Und Paul schrieb auf eine Postkarte: «You’re the World’s best drummer. Really. » Ja, Ringo hat die Beatles-Songs gekickt.Man erkennt die meisten Songs sogar, wenn man nur das Schlagzeug hören würde. Ringo spielte in jedem Song anders. Das war neu. Früher waren Drummer mechanische Begleiter, die sich hauptsächlich auf das ihnen zustehende Solo freuten.Jetzt liegt ein neues Ringo-Album vor, es heisst «Liverpool 8» und steht im Zusammenhang mit dem Titel Kulturhauptstadt Europa 2008, den Liverpool erhielt. Das Album ist keine Promo-Aktion, sondern ein reguläres Ringo-Dingo, und zwar eines seiner besten seit «Time Takes Time» (1992) oder sogar seit «Ringo» (1973). Nicht in erster Linie wegen des raffinierten Songwriting, sondern wegen der hartnäckigen Herzlichkeit, die es grosszügig verströmt.Meisterwerk des EinfühlungsvermögensEinfühlungsvermögensUnd wer brachte die Musik, abgesehen vom Beat? Das war Dave Stewart, die männlich-servile Hälfte des Duos Eurythmics, der Musikant von Star Annie Lennox. Er hat mit dem Ringo-Album ein Meisterwerk abgeliefert - nichts augenscheinlich Revolutionäres, aber die Sorgfalt und die technische Raffinesse und noch mehr das konkrete Vermögen, sich in Ringo und in die Beatles-Welt einzufühlen, sind meisterhaft. Dave Stewart ist studiosüchtig wie sein Kollege Jeff Lynne vom Electric Light Orchestra. Man darf sich Stewart vorstellen, wie er nächtelang Beatles-Alben durchhört, am Tag vor den Aufnahmen zu «Pasodobles » waren es sicher die letzten zwei McCartney-Alben. Hörbar. Ringo singt hervorragend, aber im Hinterkopf hat man schon, dass Dave Stewart vor keinem Trick und keinem Plug-in-Effekt zurückschrecken wird, um Ringos Baritonstimme zu dienen wie ein katholischer Bub vor dem Hochaltar. Und so gehört es sich auch.
Ringo lacht viel.
Das Interview mit Ringo war sehr exklusiv. Es fand in London statt, im EMI-Haus, 27 Wrights Lane.
Die meisten Interviewer, auch der von der Weltwoche, waren nur via Telefonkonferenz zugeschaltet.
Das versprach akustische Schwierigkeiten, ein Versprechen, das eingehalten wurde. Man hörte viel Gelächter in Baritonlage, das musste Ringo sein. Und vielstimmiges Gelächter, das waren die Kollegen und Kolleginnen am Tisch in London. Immerhin gab es ein paar deutliche Sätze.«Ich bin», meinte Ringo auf Anfrage, «überhaupt nicht nervös wegen meinem neuen Album. Das ist mein Beruf. Du nimmst eine Platte auf, du wirfst sie auf den Markt, und du guckst, wohin sie fällt, wem sie etwas sagt. Mein Traum war, Schlagzeuger zu sein und in einer guten Band zu spielen. Na ja, ich finde, der ging in Erfüllung. Sie fragen mich, warum in vier Titeln der neuen Songs das Wort love vorkommt? Eigentlich müsste es in jedem Song drin sein. Love and peace, das mag Sie vielleicht irritieren, aber das ist mein Programm. Ich bin sozusagen dafür. Man muss dafür nicht 67 Jahre alt sein.» Tatsächlich, der ist ja bald siebzig! Einer aus Brasilien fragt, ob Ringo Starr das Musizieren immer noch gleich viel Spass mache wie in den Sixties.
Paul McCartney hat kürzlich auf dieselbe Frage eine relativierende Antwort gegeben: Es sei exciting, aber nicht mehr neu. Die Antwort von Ringo: «Wissen Sie, meine Mutter sagte, Ringo, wenn du spielst, bist du immer happy. Und das stimmt heute noch. Ich liebe es.»Worauf Ringo besonders stolz sei? «Meinen Sie die Musik oder meine Familie? Denn es gibt mehr im Leben als Musik. Aber ja, ich bin stolz, dass es ein paar Songs gibt, wo ich wirklich gut spiele.» Welche? «Come Together. Rain. Nehmen Sie irgendeinen. » Gelächter. Sie führen eine lange Ehe mit einem Ex-Bond-Girl? «Siebenundzwanzig Jahre, so far.» Wie machen Sie Ihre Frau glücklich, und wie macht sie Sie glücklich? Ringo: «Ich werde Ihnen keine Tipps geben, wenn Sie das meinen.»



Quelle:Weltwoche.de Photo:Contactmusic

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